Falsche Pferde sind die falschen Feinde

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Es ist so eine Sache mit den falschen Pferden. Man sagt am Ende stets, man habe auf sie gesetzt, und damit geht Reue einher, es überhaupt getan zu haben. Wir entschuldigen uns in erster Linie vor uns selbst, einen Fehler gemacht zu haben, sei es, indem man auf Menschen vertraute, die uns enttäuschten, oder auf Zustände, die sich nicht unseren positiven Erwartungen gemäß entwickelt haben.

Wir beschreiben all das dann letztlich als den negativen Ausgang eines Spiels und können im besten Fall damit gut umgehen. Oftmals leiden wir aber auch.

Was oft falsch daran ist: Diese falschen Pferde konnten uns zuvor wunderbare Zeiten bereitet haben, unvergessliche Erlebnisse, schöne Erinnerungen, einmalige Eindrücke, die uns glücklich gemacht, uns voran gebracht, uns letztlich auch genützt haben.

In solchen Fällen hinkt der Vergleich mit der Wette und den falschen Pferden gewaltig: Denn wir haben doch etwas Positives bekommen während dieser Wette. Wir haben es genossen, Erfahrungen gemacht zu haben, weitergekommen zu sein, mit Menschen zusammen zu sein, an Orten gewesen zu sein, Dinge gemacht zu haben. Ob man schließlich verlassen wurde oder man selbst von allen guten Geistern verlassen war: Wen kümmert’s eigentlich?

Ja, man tut den so genannten falschen Pferden, die man in solchen Fällen als solche gerne deklariert, zudem oftmals Unrecht. Denn warum sollen sie Schuld getragen haben, wenn etwas nicht geklappt hat? Oftmals erledigen sich Dinge einfach von selbst, Lebensentwürfe, Vorstellungen, Jobs, Beziehungen und Freundschaften gehen in die Brüche oder laufen einfach aus – und jetzt? Was ist mit den positiven Aspekten? Sie als falsches Pferd zusammenzufassen und das Ganze als fatalen Ausgang einer unbedarften Wette anzusehen, macht aus dem Erlebten und Erlangten nach dem Ende ein schales Erlebnis, das es doch gar nicht war.

Und überhaupt: Uns gegenüber tun wir ebenfalls Unrecht. Denn verzockt haben wir uns nicht immer, zumal wir in den seltensten Fällen auf ein Spiel eingestiegen sind, wie die saloppe Formel zu umschreiben versucht.

Vielmehr haben wir uns doch auf jemanden oder auf etwas eingelassen, auf den erfolgsversprechenden Job, auf die Aktie oder das Portfolio, auf die Unbebaubarkeit der Aussicht aus der neuen Wohnung, auf den Freund, die Beziehung, was auch immer.

Wir haben uns eingelassen, weil wir es wollten. Sicher, das ist auch beim Wetten so: Aber sollte man Entscheidungen nachträglich als Spiel und Wette abtun? Das wird der Sache keinesfalls gerecht.

Tun wir uns ruhig den Gefallen, wenn wir beim nächsten Mal meinen, auf das falsche Pferd gesetzt zu haben, und halten inne. Lassen Revue passieren, welche positiven Aspekte wir erlebt haben – es ist befriedigend, schöne Träume zu haben und sie ins wahre Leben zu übertragen zu haben. Und was ist mit den Wochenenden, den erlebten Wochen, Monaten, Jahren? All dies einfach zusammenräumen in eine Kiste und auf Dachboden oder im Keller verstauen, möglicherweise sogar einfach wegwerfen oder rituell verbrennen?

Wir belügen uns selbst dabei, nur das Schlechte zu sehen, denn wir sind verblendet von Enttäuschung, Traurigkeit oder Verlust.

Stattdessen hatten wir etwas. Wie kurz oder wie lang, spielt kaum eine Rolle. Oftmals hatten wir etwas. Und wenn es da ist, sollten wir es auch sehen. Und was wir dann sehen, mag vieles sein: Aber kein Wettspiel und auch kein falsches Pferd.


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