„Ich hasse meinen Job, wenn ich so eine Scheiße wie diese machen muss“, sagte mir jemand, der einen Termin mit mir hatte. Das machte mich zunächst sprachlos. Immerhin war es meine Aufgabe, eine Broschüre zu schreiben, die dieser Jemand für eine Messe brauchte. Ohne sein inhaltliches Mitwirken war das nicht möglich, schließlich war er der Spezialist auf seinem Gebiet, und ich hatte technische Fachfragen an ihn.
Er war zu diesem Termin verdonnert worden. Wochenlang hatte ich mich bei ihm darum bemüht, und als seine Geschäftsleitung bemerkte, dass er dem Termin aus dem Weg ging, hatte man ihm diesen Termin aufgetragen.
So saß er mir nun gegenüber und hasste seinen Job, weil er mir gegenüber sitzen musste.
Menschen aus der Kommunikation wie ich können andere nerven, das sehe ich ein. Ich verlange nicht, dass man mich in anderen Abteilungen mit offenen Armen empfängt. Überhaupt weiß ich, dass man von Kommunikationsmenschen erwartet, dass sie diejenigen sind, die zuhören, empathisch Launen anderer voller Verständnis wegatmen, für falsche Informationen verantwortlich sind, die man ihnen gegeben hat (wir hätten ja besser oder noch einmal fragen sollen) und bei alldem lächeln.
Das aber ging mir dennoch zu weit, obwohl seine Firma unser Kunde war. Das wollte ich ihn wissen lassen. Wie er sich fühlen würde, wenn das jemand zu ihm sagen würde, frage ich ihn. Wir säßen schließlich im gleichen Boot, da ich mich in diesem Termin wegen seiner Ablehnung mindestens genauso unwohl fühlen würde wie er sich. Wir waren beide zu diesem Termin gezwungen worden, und ebenso wie ihm war mir daran gelegen, ihn so schnell wie möglich auf eine Weise hinter mich zu bringen, dass ich künftig keine Termine mehr mit ihm haben müsse.
Womit er nun an der Reihe war, sprachlos zu sein.
Er verzog wie immer keine Mine. Aber er sah mich an. Das war neu. Er entschuldigte sich. Den Wortlaut habe ich nicht mehr genau genug im Kopf, um ihn hier anzubringen.
Er erklärte sich regungslos. Er unterhalte sich für gewöhnlich mit anderen spezialisierten Menschen, denen er nichts erklären müsse. Das vergesse er leicht, vor allem, wenn er unter Stress stehe wie seit einigen Monaten.
Ich solle ihm bitte alle meine Fragen stellen, er werde sie so gut wie möglich beantworten. Während des ganzen Gesprächs war er geduldig und höflich.
Aus meiner Sicht fand hier die erste wirkliche Kommunikation zwischen uns statt, weil er mich und meine Aufgaben nicht mehr als bloßes Problem ansah, das ihm Zeit stahl.
Für mich ist dieses Erlebnis keine Geschichte über Respekt, sondern über Sichtbarkeit. Ich war gar nicht gesehen worden, entsprechend hatte man mich behandelt. Es ist leicht, zu verurteilen, was man nicht (ein)sehen will.
Ob es meine Aufgabe ist, andere immer darauf hinzuweisen? Aber ja. Sie mögen unhöflich, dreist oder unmöglich sein, aber oft bemerken sie es gar nicht. Das macht es nicht besser. Aber nichts zu tun, eben auch nicht.
Das nennt man wohl Kommunikation.
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