Einbahnstraßen in der Kommunikation

Einbahnstraßen in der Kommunikation - http://opunktkpunkt.de
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In Kommunikation und im menschlichem Miteinander führen Einbahnstraßen wie im Straßenverkehr lediglich in eine Richtung. Während man sich also pflichtbewusst in eine Richtung fortbewegt, kommt nichts zurück. Da das mir Ausnahme des Verkehrs kein angenehmer Zustand ist, habe ich mich lange moralisch und menschlich in der Pflicht gesehen, aus diesen Einbahnstraßen Wege für beide Richtungen zu schaffen. Jedoch glaube ich, dass es manchmal besser ist, Kommunikation einfach enden zu lassen, wenn es denn wirklich gewünscht ist.

Wenn Kommunikationsangebote respektlos sind

Es ist das gute Recht von anderen, auf Brücken zu verzichten, die man ihnen bauen möchte. Es ist ihr gutes Recht, Kommunikation als Einbahnstraße zu begreifen und in der Sackgasse ihres Schweigens enden zu lassen. Es ist ihr gutes Recht, Kommunikationsangebote nicht anzunehmen, und es ist meine Aufgabe, diese Menschen so anzunehmen und zu respektieren, wie sie sind. 

Es kann eine Sache des Respekts sein, das Gegenüber nicht ständig mit Gesprächsangeboten zu belasten — daher können gutgemeinte Einladungen zum Gespräch respektlos sein.

Die Gründe sind vielfältig, aus denen Einbahnstraßen Einbahnstraßen sind und bleiben. Vielleicht ist die Person nicht so kommunikativ wie ich oder findet nicht so schnell Zugang zu anderen. Vielleicht möchte sie sich einfach nur Zeit lassen, bevor sie sich auf Gespräche einlässt.

Allerdings kann es auch an meinem Verhalten liegen: Störe ich die Person vielleicht bei der Arbeit oder in ihren Gedanken? Lenke ich sie von etwas ab? Wie wirke ich auf die andere Person? Bin ich zu forsch, zu laut, benutze ich Vokabeln, mit denen sie nichts anzufangen weiß? Sind meine Themen uninteressant? Vielleicht findet man einfach keinen Zugang zueinander. 

So oder so: Man muss es hinnehmen und sich entsprechend verhalten. 

Schuldzuweisungen sind ebenso unangebracht wie Selbstkasteiungen. Denn sie tun nichts zur Sache, führen meist in die Irre und ändern in letzter Instanz nichts an der Situation, dass Einbahnstraßen Einbahnstraßen sind und bleiben. 

Wichtig ist dabei, nichts persönlich zu nehmen — wenn es letztlich tatsächlich auf persönlicher Ebene knirscht, ist ein Dauerfeuer an Kommunikationsangeboten ohnehin der falsche Weg.

Die Rolle der eigenen Mission in der Kommunikation

Mir kamen diese Gedanken, als ich einmal gebeten wurde, mich um eine Person „zu kümmern“ und „das Eis zu brechen“. Doch meine Bemühungen waren umsonst: Ich bemerkte, dass diese Person weder an mir, noch an einem Gespräch mit mir interessiert war. Dieses Desinteresse ärgerte mich jedoch überhaupt nicht, denn mich ging weder die Person etwas an, noch war ich darauf angewiesen, sie näher kennenzulernen — perfekt eigentlich. Was mich jedoch ärgerte, war meine Bereitschaft, mit der ich meine Aufgabe so selbstverständlich übernommen hatte: Als wäre es meine ureigenste Verpflichtung, wildfremden Menschen aus Gefallen einen kommunikativen roten Teppich ausrollen zu müssen.

Die Sache ist nämlich, dass ich diese ureigenste Verpflichtung überhaupt nicht habe. Wenn jemand kein Interesse hat, ist das völlig in Ordnung — was zwangsläufig bedeutet, dass es auch mein Recht ist, meine Aufmerksamkeit und mein Bemühen getrost einstellen zu können, ohne mir Gedanken über meine kommunikativen und moralischen Standards machen zu müssen.

Und hier lag bis dahin der Hase im Pfeffer: Ich hatte mich stets in der Verantwortung und Verpflichtung gesehen — was bedeutete, dass ich mir auch ein Scheitern als mein Versagen anlastete. Wenn ich nichts zurückbekam außer Desinteresse, musste es irgendwie an mir liegen, schließlich war ich doch der Kommunikative, der das Eis bei jedem brechen konnte. Für mein jeweiliges Gegenüber galt standardmäßig die Unschuldsvermutung — auch, wenn sich diese Verfehlungen und Unhöflichkeiten leisteten. Dabei spielt meine eigene Mission hier eine entscheidende Rolle. Sobald ich mich von ihr löste, war ich erleichtert.

Es war erstaunlich, zu sehen, dass in dem Moment, in dem ich bewusst mit der Kommunikation aufhörte, die eigentliche Kommunikation begann. Die Einbahnstraße erhielt auf fast schon magische Weise eine Gegenfahrbahn, auf der etwas zu mir zurückkam. 

Sich zurückzunehmen kann allen helfen

Mit einem Mal sagte ich mir „Nein“ und fand das ganz wunderbar. Mit einem Mal gab ich meine Verpflichtung ab und fühlte mich im Einklang mit mir und tatsächlich sogar mit der anderen Person. Sie gab nichts zurück, aus welchen Gründen auch immer, und ich hörte auf, mich ihr gegenüber wie ein Geisterfahrer zu verhalten, auch wenn das eigentlich gut gemeint gewesen war. Wie zur Bestätigung bemerkte ich recht schnell die Erleichterung der anderen Person, als ich aufhörte, ihr gegenüber einer Pflicht gerecht zu werden. Sie entspannte sich sichtlich, denn sie fühlte sich nicht mehr gedrängt und bedrängt. Während sie in der Sonne meiner Aufmerksamkeit regelrecht vertrocknet wäre, blühte sie im Schatten meiner Kommunikation regelrecht auf. Auf diese Weise konnte ich ihr Wertschätzung zukommen lassen, was sie sichtlich entspannte. 

Dabei fiel mir auf, wie sehr ich mich von einer dritten Partei in die Rolle des Kommunikators hatte drängen lassen. Man wollte mich mit meinen Talenten regelrecht verpflichten und brachte mich damit in die Not, Rechenschaft über mein Scheitern ablegen zu müssen. 

Wenn man in eine solche Rolle gedrängt wird, lässt man schnell die übliche Empathie zugunsten des Auftrags fahren. Man beginnt, sich anders zu verhalten als üblich, man macht auch dann noch weiter, wenn man ohne Auftrag längst verstanden und aufgehört hätte. Das schadet übrigens dem eigenen Ruf. Man gibt sich zu- und aufdringlich, wird lästig. 

Hier eine klare rote Linie zu ziehen, gehört für mich seitdem zur Selbstfürsorge, mit der ich voller Achtsamkeit und Aufmerksamkeit umgehe.

Für mich ist klar: Dass es Einbahnstraßen gibt, hat Grund und Berechtigung. Da der alte Lehrsatz weiter gilt, dass man nicht nicht kommunizieren kann, kann in dem Moment etwas entstehen, in dem man es nicht mehr erzwingt. Die andere Person anzunehmen, ist entscheidend. Diese Form der Kommunikation ist leicht, wenn man die eigenen Missionen und Vorstellungen aufgibt, wie die ideale Kommunikation auszusehen hat, wie die andere Person reagieren soll und vor allem, was man selbst erwartet.


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