Das Tor zur Kreativität: Wie eine Woche ohne Termine wirken kann

Das Tor zur Kreativität: Wie eine Woche ohne Termine wirken kann - https://opunktkpunkt.de

Dies war mein privater Terminkalender für die erste Woche im Mai – und man erkennt: Er war leer. Ich wollte es so. Die vorangegangene Woche war viel los, sie war sehr kommunikativ, ich habe mich mit vielen Menschen getroffen, habe viel geredet. Das ist kein Grund zur Klage! Im Gegenteil habe ich die volle Woche als Bereicherung empfunden.

Doch Kommunikationsfähigkeit geht auch anders herum: Sich selbst zuhören, auf sich hören, überhaupt hören. Das war mein Wunsch und Plan für die letzte Woche Woche. Ich freute mich darauf.

Ich nahm mir also früh vor: Die nächste soll Woche ganz mir gehören. Ich brauchte diese Zeit für andere Dinge, die einzig mit mir zu tun haben. Vor allem wollte ich wieder in den Zustand kommen, dass die Dinge sich ergeben, wie sie sich ergeben – und ergeben sich keine, ist das auch ideal.

Mir eine Woche lang nichts vorzunehmen, ist eine bewusste Entscheidung, die ich immer wieder treffe. Jeden Tag nach der Arbeit den Rechner ausschalten und mir sagen: So. Und jetzt? Mal sehen.

Loslassen bringt Möglichkeiten

Ja, in dieser Zeit ohne Termine stehen zwar eigene Vorhaben im Raum, die mir wichtig sind – aber ich entscheide, wie und wann ich sie angehe. Und ob ich sie überhaupt angehe. Das ist das Besondere. Ich werde schon wissen, was das Beste ist und was mir gut tut. 

Soll heißen: Ich wusste morgens nicht, was ich abends nach der Arbeit tun würde, und ob ich überhaupt etwas tun würde.

Der leere Terminkalender steht daher symbolisch für noch etwas anderes: Es gibt keine To-Do’s, keine Pflichten. Ich will gar nicht lesen, will gar nicht schreiben, will gar nichts „tun“, um etwas von einer Liste zu bekommen oder mit etwas fertig zu werden. Vielmehr sind da Möglichkeiten, die ich in Erwägung ziehe. Dinge also, von denen ich weiß, dass sie da sind und dass ich sie mögen würde – nur ob ich sie dann wirklich angehe, steht auf einem anderen Blatt. 

In diesen Ruhephasen nehme ich die Möglichkeiten endlich wieder wahr. Wenn ich sehr eingebunden und beschäftigt bin, ist das nicht immer so. Wenn ich aber ruhig bin, sind sie wieder da. Mehr noch: Es kommen neue hinzu. Meine Auswahl wird reichhaltiger, meine Flexibilität wird größer – auf Neudeutsch könnte ich sagen: „Ich erhalte viele praktische Tools, um mein Mindset zu optimieren.“ So aber würde ich es nie ausdrücken.

Für mich es eher eine Bereicherung durch Loslassen.

Warum ich Absichtslosigkeit pflege

Absichtslosigkeit nennt man das im Buddhismus. Keine Absicht zu haben, und zwar im absoluten Sinne: Weder hat man die Absicht, etwas zu tun, noch die Absicht, etwas nicht zu tun. Wenn der Wille ein Gefäß ist, so ist es leer. Man tut, was man tut und lässt, was man lässt. Ohne Bewertung, ohne Anhaftung.

Wie war also meine Woche?
Während der Arbeit war ich natürlich „voll da“. Voller Absichten und Pflichten, das ist auch meine Aufgabe. Aber als der PC ausgeschaltet war, ließ ich los. Ich schrieb nicht. Ich las nicht. Ich weiß nicht genau, was ich „so tat“. Es waren allerlei Dinge, die man so tut, wenn man nicht einfach schläft oder auf dem Bett liegt. Langweilig war mir keine Sekunde, denn mein Geist arbeitete. Rückblickend führte das zu allerlei auf den ersten Blick unbedeutenden Dingen. Aber – und das ist das Erstaunliche – etwas passierte:

Was eintritt, wenn das Ego schweigt

Dinge vorzuhaben und zu wollen hat viel mit dem eigenen Ego zu tun. Oftmals ist es der Antreiber hinter so vielem. Egos manifestieren sich schnell in To-Do-Listen, die auch dann To-Do-Listen bleiben, wenn man sie kunstvoll führt. 

Ich aber hatte ganz klar vor, mein Ego zum Schweigen zu bringen, diese ständig plappernde Stimme im Kopf, dieser permanent eingeschaltete Filter der Wahrnehmung, der auch – wenn man nicht aufpasst – die Welt um sich herum verfälscht.

Was ich also entdeckte, kannte ich sehr bereits seht gut: Ruhe und Frieden. Ich nahm die Welt wahr als etwas, das beständig da ist und ebenso absichtslos ist wie ich.

Dieser Zustand von Ruhe und Frieden brachte mir wieder Dinge ins Bewusstsein und ins Gedächtnis, die in letzter Zeit zu kurz gekommen waren. Und wie im Schlaf setzten sich, ohne dass ich direkt darüber nachdachte, Dinge zusammen und ergaben ein klareres Bild der Wirklichkeit. 

Mit einem Wort: Ich kam wieder in den Bereich der Wahrnehmung. Das ist etwas anderes als der in Mode geratene Begriff „Flow“, der lediglich einen Teil von Wahrnehmung beschreibt. 

All die eben schon benannten vermeintlich unbedeutende Dinge waren somit absolut nicht unbedeutend. Sie waren nötig. Ich habe sie gebraucht, weil sie sich aus dem Moment für mich so ergaben. 

Wahrnehmung als Tor zur Kreativität

Ich finde diese Zustande immer sehr motivierend. Diese „Pausen“ sind für mich ungemein kreativ, denn in ihnen entsteht und entfaltet sich Kreativität. Durch sie entstehen hier Ideen, hier ergeben sich Gedanken, setzen sich Motive, formieren sich Ziele, die dann – später – zu etwas werden. Zu einer Absicht, einer Einsicht, einer Handlung oder sogar zu allem gleichzeitig. Es sind keine kraftlosen Phasen der Erschöpfung, sondern im Gegenteil höchst produktive Zeiträume, von denen ich profitiere und in denen ich voller Elan, Motivation und Power bin. Es ist ein Durchstarten und mündet in ein weiteres.

Kreativität muss man ebenso zulassen wie Wahrnehmung. Sie lassen sich nicht verordnen. Ich räume ein, dass andere Menschen Kreativität anders erleben. Aber ich glaube schon, dass ein grundsätzliches Zulassen die Basis bildet. 

Mein Output war vordergründig minimal in dieser Woche, denn ich habe nahezu nichts „geleistet“, auf das ich zeigen könnte. Erst am Wochenende setzte bei mir der Drang ein, mich zum Lesen und Schreiben hinzusetzen. 

Erreicht habe ich dennoch sehr viel: Ich habe mir den Raum gelassen, dass sich etwas setzen, zusammensetzen und gestalten konnte. Was ich als Vorhaben in die kommende Woche mitnehme. 

Das waren schöne Aussichten und sind es jedes Mal wieder, wenn ich mir erneut eine Woche ohne Termine und Planungen vornehme. 


Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert